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Wertschätzung – so viel mehr als Lob!

Es ist schon wieder eine gewisse Zeit her, wo ich darauf hingewiesen wurde, Mitarbeiter sollten öfters gelobt werden. Worauf ich antwortete: „Man sollte Mitarbeiter eher mehr Anerkennung schenken und Wertschätzen„. Das wars?

Heute war es wieder einmal soweit und ich dachte, ich sollte meine Gedanken und Erfahrungen eintexten, ich finde es wichtig. Vorallem, weil Kaizen und die daraus erwachsenen Prozessoptimierungen, Kostensenkungen, usw. immer auf Menschen (danach Maschine, Material, Methode: 4M = Stabilität) und deren Wertschätzung aufgebaut wird. Aber was genau sollte denn der Unterschied zwischen Lob, Wertschätzung und Anerkennung sein? Vielleicht – Handlung im Mittelpunkt oder Aufgabe im Mittelpunkt, Bemühungen im Mittelpunkt oder der Mensch im Mittelpunkt?

Lob

Ein Lob entsteht i.d.R. durch ein ungleiches Verhältnis zwischen Personen. Eine Person, die ein Lob ausspricht stellt sich, wenn auch gut gemeint, bewusst oder unbewusst über die Person, die das Lob erhält – quasi ein Eltern-Kind-Verhältnis.

Bewusst oder unbewusst nimmt sich diese Person, die das Lob ausspricht das Recht, die Person oder die Leistung der Person durch das ausgesprochene Lob zu beurteilen. Ich möchte nicht sagen, dass es nicht gut gemeint ist, aber falsch formuliert oder falsch verstanden wirkt es sehr schnell herablassend, zumindest bevormundend (patronizing).

Auf alle Fälle ist es hierachisch und bewertend. Und was würde es für die Person bedeuten, wenn einmal kein Lob für eine Leistung oder Handlung ausgesprochen wurde? Auch darüber schon einmal nachgedacht? Wenn eine Lobkultur entsteht und die Mitarbeiter dann mittelfristig einer Bewertung in den Kategorien gut oder schlecht hinterherhecheln, dann läuft etwas nicht nach dem Motto „Mensch im Mittelpunkt„, eher „Handlung oder Leistung im Mittelpunkt„.

Beispiel: »Du hast den Vortrag sehr gut präsentiert. Du hast dich sehr schnell ins Thema eingearbeitet – toll!«, »Das hast du gut gemacht!«, »Super! Du hast den Kunden an Land gezogen«

Wer lobt, muss auch kritisieren können um im Bewertungsschema zu bleiben. In der Umsetzung wird dann aber oft das „Feedback“ missbraucht welches im eigentlichen Sinne wertfrei und nicht bewertend ist. Also bleibt letztendlich nur die Kritik und der Mut des Lobenden auch zu kritisieren. Das verheerende – wenn der Gelobte gar nicht direkt zum Erfolg beigetragen hat oder nur die richtigen Menschen für eine gelobte Leistung an der Seite hatte. Noch verheerender, wenn Kritik ausgesprochen worden ist und die Person sein bestes gegeben hat, aber das Umfeld einen Erfolg verhindert hat.

Noch schwieriger wird es, wenn ein Mitarbeiter oder Kollege einen Fehler macht. Wie ist das eigentlich dann mit dem Lob? „Super, dass du den Vortrag verpatzt hast.“ ist wohl nicht passend. Durch dieses Beispiel sollte klar werden, dass die Formel Fehler + Lob/Kritik eher eine Ungleichung ist, aber Fehler + Wertschätzung = Verbesserung eher dem entspricht, was man dem Menschen eigentlich kommunizieren möchte.

Es gibt unterschiedliche Antivalenzen – Wer lobt muss aus kritisieren, wer belohnt muss auch strafen, etc. ist immer eine bewertende und von oben gemachte, wenn auch gut gemeinte, gefährliche Unternehmenskultur. Nicht falsch verstehen, natürlich brauchen wir Anreize im Gehalt oder Bonussysteme damit man auch monetär attraktiv bleibt. Aber das gehört nicht in die Kategorie Wertschätzung.

Von der Wertschätzung zur Wertschöpfung

Eigentlich glaubt man, da umgangssprachlich gleichgesetzt, wenn man lobt und belohnt, dann schätzt man einen Menschen wert. Doch das ist falsch! Aus diesem Grunde funktionieren oftmals Belohnungssysteme nicht oder nur kurzfristig und das Lob in einem kurzen Jourfix verpufft bei der nächsten E-Mail. Wie oben bereits erwähnt ist Lob oder eine Belohnung ein Funktionswert für Leistung.

Eine Wertschätzung passiert auf gleicher Augenhöhe und im gleichen Verhältnis zueinander, Hierachien spielen keine Rolle. Wertschätzung ist eine eigene und persönliche positive Wahrnehmung eines Menschen, die Leistung spielt, wenn überhaupt, die zweite Geige. Der, der die Wertschätzung ausspricht teilt seine Beobachtung, vor allem seine Dankbarkeit, auf Augenhöhe und mit Respekt mit.

Beispiel: »Mich hat es stark beeindruckt, wie du das neue Thema vorgetragen hast. Ich stelle es mir wirklich sehr herausfordernd vor, sich so schnell in ein Thema einzuarbeiten und es dann vorzutragen. Ich freue mich sehr für deinen Erfolg«, »Liebe Kollegin, Fehler passieren auch mir und ich bin dankbar, Kollegen wie sie zu haben, um über diese Fehler im Team sprechen zu können. Wir können uns alle nur verbessern, wenn wir über unsere Fehler sprechen, lass uns gleich morgen damit beginnen den Grund herauszufinden«

Wertschätzung aufgrund eines Fehler? Versuchen sie das einmal mit einem Lob! Schwierig oder? Eine Wertschätzung kann man, wie oben im Beispiel dargestellt, auch aufgrund eines gemachten Fehlers aussprechen. Und es ist nicht nur eine verbale Wertschätzung möglich. Auch durch Körpersprache kann man indirekt und sehr effektiv eine Wertschätzung formulieren. Zum Beispiel durch neugieriges Hinhören oder ein bejahendes Kopfnicken, interessiertes Rückfragen, Bitte um Rat, Zeit schenken, mal Hand anlegen.

Anerkennung und Achtsamkeit – der Prozess der Wertschätzung

Eine wertschätzende Anerkennung ist nicht schwer und eine wertschätzende Kommunikation immer ehrlich. Natürlich darf man einer Person sagen was sie gut gemacht hat, aber als Ich-Botschaft und in zweiter Linie – Es dürfen auch sehr ehrliche Sätze fallen:

Beispiel: »Das hätte ich nicht gewusst«, »Das kannst du besser als ich«, »Lass uns damit morgen weitermachen«, »Das war mein Fehler«, »Mache es dir nicht schwer, das hätte auch mir passieren können«, »Ich würde sehr gerne hierzu deine Meinung hören«

Anerkennung ist das Zusammenspiel von den positiven Punkten aus Lob, Wertschätzung und Achtsamkeit und kann folgendermaßen aufgebaut sein.

  1. So konkret wie möglich als Ich-Botschaft kommunizieren WAS die Person gut gemacht hat. Also nicht „Du bist toll“, sondern „Es hat mich sehr beeindruckt, wie du …. hast„.
  2. Mache der Person klar, was die Handlung für deine Abteilung, Bereich oder das Unternehmen oder dem Arbeitsschritt bedeutet: „Dank deines Vortrags haben wir den Kunden gewonnen und uns viel Akquisearbeit gespart.
  3. Werschätzende Kommunikation vermittelt auch Gefühle: „Ich bin überaus glücklich über die gewonnene Zeit, die wir in unsere neue Vertriebsstrategie für nächstes investieren können.

Und bitte jetzt nicht als Methode sehen und als Floskel auswendig lernen, die Schritte oben sind keine Blaupause und haben auch nichts auf der Sachebene [1] verloren, sondern sollten ehrlich, empathisch und mit Emotionen bestückt auf Augenhöhe auf der Beziehungsebene[1] kommuniziert werden.

Was sind Eure Gedanken?

Habt ihr Erfahrungen oder Praxistipps? Wir freuen uns, wenn ihr eure Hinweise in den Kommentaren teilt.


[1] 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun

 

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